Ein weiteres Jahr geht zu Ende, eines, das vom Totalversagen der Politik fast so sehr geprägt war, wie von dem der Wähler im Momentum der Entscheidung: Wo der Wahlkampf nur keine Sternstunde der Demokratie war, war der Urnengang ihre Bankrotterklärung. Dieses Jahr nährt die Resignation im politischen System der Bundesrepublik, es markiert den schleichenden Tod des zoon politikon.
Der mündige Bürger, so die Theorie der Demokratie, ist Wurzel, Basis und Ausdruck des demokratischen Systems. Erst der mündige Bürger ist fähig, eine Wahl zu leisten, die dem Anspruch einer Demokratie gerecht wird. Was aber soll man aber von einem Wähler halten, der die Politiker, über die er das ganze Jahr über auf das Plumpeste herzieht, am Tag der Entscheidung mit absoluten Mehrheiten ausstattet, mit Koalitionen, die völlig ohne Opposition auskommen – und das ohne große Aufregung.
Ein Rückblick auf das Jahr ist deprimierend. Noch läuft manchem Deutschen ein wohliger Schauer über den Rücken, wenn er auf Russland schaut: „Guckt mal, wie schlimm es bei denen ist.“ Noch.
Griechen wundern sich längst über diesen Gedanken; Briten schauen desinteressiert, wenn Menschen stundenlang verhört werden, nur weil sie Journalisten kennen; und die Totalüberwachung? Welche Totalüberwachung?